Anfang Februar sprachen sich tausende Kleinanleger*innen über die soziale Plattform Reddit miteinander ab, um GameStop-Aktien zu kaufen. Sie nutzten dafür Online-Broker wie Robinhood oder TradeRepublic, die allgemein als kostengünstige Dienstleiter bekannt sind. Dadurch wollten sie den Kurs der schwachen GameStop-Aktie in die Höhe treiben, um milliardenschweren Hedgefonds eins auszuwischen, welche die Aktie zuvor leerverkauft haben. Das schien erst gelungen zu sein, doch viele von den oft unerfahrenen Anleger*innen verloren ihren ursprünglichen Einsatz.
Zu Beginn war die Aktie 18 US-Dollar wert und stieg nach einigen Tagen auf fast 400 Dollar an. Mittlerweile ist der Kurs aber wieder sehr stark abgesunken und liegt nur noch bei rund 18 Dollar. Bereits vor dem Einbruch der Aktie erklärte Carson Block, ein Hedgefonds-Profi: „Das Ganze wird für viele in Tränen enden.“ Damit behielt er Recht, denn obwohl einige Anleger und Anlegerinnen ihre Anteile frühzeitig verkauften und so Gewinn machten, ging das ganze Spiel für zu risikofreudige Investierende äußerst schlecht aus. Der Streamer der online Plattform Twitch Jason Frank, der allgemein als „der Aktientyp“ bekannt ist, erzählte der Zeit, dass einer seiner Zuschauer sogar 38.000 Dollar in die GameStop-Aktie gesteckt habe. Sein Investment stieg zwischenzeitlich auf 300.000 Dollar an, doch trotz der Warnungen von Frank stieg er nicht aus. Jason Frank hat mit einem Crash der Aktie gerechnet, denn „am Ende gewinnen die großen Jungs“, wie er erklärt.
Auf dem sozialen Netzwerk Reddit, in dem Forum „Wall Street Bets“, fing alles an. Dort tauschen sich die User*innen regelmäßig über die Börse aus. Ein Nutzer namens „Deep-Fucking-Value“ wurde bereits im Jahr 2019 auf den schwachen Kurs der GameStop-Aktie aufmerksam. Das Unternehmen hatte damals „bereits den fünften Vorstandschef innerhalb eines Jahres“. Der Kurs lag bei nur ungefähr fünf Dollar, so die Zeit. „Deep-Fucking-Value“ erklärte den anderen Nutzer*innen auf Reddit, dass die Aktie der Einzelhandelskette GameStop wohlmöglich wieder steigen könnte, sobald die neue Spielkonsole rauskommt, weswegen die Reddit-User*innen anfingen die Aktie zu kaufen. Auch Leerverkäufer, oder auf Englisch Shorts, fingen gleichzeitig damit an sich die Aktien zuzulegen. Shorts leihen sich gebührenpflichtige Aktien und verkaufen diese. Sobald die Aktie gefallen ist kaufen sie diese zu dem neuen und niedrigeren Preis zurück. „Ihren Profit machen sie, indem sie die Aktie dann zu dem niedrigen Kurs zurückkaufen und dem Eigentümer wiedergeben.“ Bisher noch nichts Ungewöhnliches, doch dann schloss sich ein Teil der Reddit-Community zusammen, um die Aktie nach eigenen Aussagen „auf den Mond zu schießen“.
Der Wirtschaftswissenschaftler Leonhard Dobusch erzählt im Interview mit dem Deutschlandfunk, dass er die Methode, also die Vernetzung durchs Internet und der anschließende Kauf schwacher Aktien von Kleinanleger*innen, für illegal erachtet. Er betitelt den Vorfall mit der Marktmanipulationsstrategie „Pump and Dump“. Billige Aktien werden „erst „aufgeblasen“, also „gepumpt“, indem Investoren über irreführende positive Aussagen oder verabredete Käufe den Wert erhöhen“, so der Deutschlandfunk. Anschließend verkaufen bzw. „dumpen“ die Inverstierenden ihre Aktien wieder und somit fällt der Kurs. Der Unterschied ist, dass bei der illegalen „Pump and Dump“ Strategie die Absprache über den Kauf nicht in der Öffentlichkeit stattfindet, sondern heimlich. In dem Fall der GameStop-Aktie verliefen allerdings alle Gespräche und Abmachung in allgemein einsehbaren Foren ab. Dobusch erklärt, dass gerade dieser Aspekt der Öffentlichkeit einige Schwierigkeiten aufwirft: „Wo ist der Unterschied, wenn Leute sich auf Reddit austauschen, um zum Beispiel Börsensendungen im Fernsehen oder anderen öffentlichen Diskussionen rund um Börsenwerte und Börsenentwicklungen zu besprechen?“
Einen vergleichbaren Fall, wie den rund um die GameStop-Aktie gab es noch nie. Erstmals schloss sich eine online Community von Kleinanleger*innen zusammen, um großen Hedgefonds zu schaden. Auch Leonhard Dobusch bewundert diese neue Art der Marktmanipulation, denn in dem Fall werden „bestimmte marktmanipulative Strategien auch von nicht sehr großen finanzstarken Inverstoren eingesetzt“. Auch die neuen online-Broker wie Robinhood stellen eine außergewöhnliche Entwicklung dar, denn sie fordern keine Gebühren und machen es den Aktionär*innen leicht „am Markt mitzumischen“, wie es die Zeit schreibt.