Ein enormes Datenleck – oder auch Steueroasen-Leaks – hat die Geschäfte Hunderter Politiker und Amtsträger mit Briefkastenfirmen weltweit enthüllt. Untern den 11,9 Millionen vertraulichen Dokumenten befinden sich aber unter anderem auch Informationen über Regierungsvertreter, Oligarchen, Kriminelle, Prominente, Trusts und Stiftungen.
Journalisten und Journalistinnen aus aller Welt werteten über Monate das Datenleck aus und fanden heraus, dass zahlreiche Minister sowie Staats- und Regierungschefs ihr Geld in Steueroasen verstecken. Das Datenleck, bzw. dessen Auswertung, gibt Auskunft über die Offshore-Geschäfte von mehr als 330 Politikern und Amtsträgern aus über 90 Ländern. Darunter befinden sich sogar 35 amtierende und ehemalige Staats- und Regierungschefs.
Der Datensatz sei 2,94 Terabyte groß und stammt von insgesamt 14 Offshore-Dienstleistern, überwiegend aus den Jahren von 1996 bis 2021. Mit diesen Angaben ist der Datensatz namens „Pandora Papers“ das größte und umfangreichste Datenleck zu Geschäften an Schattenfinanzplätzen.
Woher kommen die Daten?
Der Datensatz, mit einer Datenmenge von ca. 12 Millionen vertraulichen Dokumenten, wurde dem Internationalen Konsortium für Investigative Journalistinnen und Journalisten (ICIJ) von einer anonymen Quelle zugespielt. Zuvor hatte ICIJ mit der Veröffentlichung des Datenlecks „Panama Papers“ in vielen Ländern für Aufsehen gesorgt.
Diese wiederum bearbeiteten jetzt mehr als 600 Journalisten von 150 Medienorganisationen aus 117 Ländern. Zu den Partnermedien gehörten unter anderem „Guardian“, „Indian Express“, „Le Monde“ und „Aftenposten“ und die „Washington Post“. In Deutschland waren es Reporterinnen und Reporter des NDR, WDR und der „Süddeutschen Zeitung“, die die Ergebnisse der Recherche seit Sonntag dem 03.10.2021 stückweise veröffentlichen. Briefkastenfirmen in Steueroasen für geschäftliche Zwecke müssen aber nicht immer zwangsweise illegal sein, doch oftmals werden genau diese zur Steuerhinterziehung instrumentalisiert.
Die Auswertung zeigt, wie Politiker, Superreiche und Regierungschefs versuchen, ihren Besitz durch Offshore-Strukturen von der Öffentlichkeit zu verstecken. Darunter beispielsweise der amtierende Premierminister Tschechiens Andrej Babis, der ein Herrenhaus in Frankreich durch ein kompliziertes, unüberschaubares Firmengeflecht erworben hat. Dieser wollte keine Stellung zum Vorfall nehmen.
Sogar Abdullah II., König von Jordanien, soll 14 Immobilien über Steueroasen in den USA und in Großbritannien erworben haben. Dessen Anwalt meldete sich allerdings auf Anfrage hin und erklärte, dass die meisten Briefkastenfirmen nicht mehr existieren und nicht alle Immobilien dem König gehören. Neben den genannten Personen und den amtierenden Präsidenten der Ukraine, Kenia und Ecuador tauchen in den Daten „Pandora Paper“ auch Informationen über die Geschäfte vom britischen Premierminister Tony Blair auf. Ein Datensatz legt nahe, dass die Familie Blair beim Kauf einer Immobilie in London 2017 über eine Briefkastenfirma mehr als 300.000 Euro Grunderwerbssteuer gespart haben könnte. Eine besondere rechtliche Konstruktion des Deals soll dies ermöglicht haben. Tony Blairs Frau Cherie soll sich diesbezüglich geäußert haben und erklärte, dass ihr Mann Tony nicht in den Kauf eingebunden war. Außerdem betonte Cherie Blair, dass sie die Transaktion der Immobilie durch den damaligen Kauf, nun wieder unter britische Steuerverwaltung bringen wollte.
Zudem tauchen in den Daten mehr als 130 Milliardäre auf – darunter 40 Oligarchen. Sie zeigen wie etliche, mutmaßlich Vertraute, des russischen Präsidenten Putin ihr Vermögen auf Steueroasen bunkern und mithilfe von undurchschaubaren Konstruktionen verstecken. Obwohl Putin seit 2011 das Offshore-System immer wieder als „unpatriotisch“ betitelt, investieren seine Vertrauten genau dort.
Kriminelle in dem Datensatz „Pandora Papers“
Neben den vertraulichen Dokumenten von prominenten Sportlern, Firmenvorständen und Politikern, zeigt der Datensatz auch Daten über Schwerverbrecher. Beispielsweise umfasst das Datenleck auch Informationen, auf welche Weise Mafiosi Briefkastenfirmen nutzen, um ihren Besitz zu verschleiern, und anonym zu bleiben. Sogar Betrugsnetzwerke bauen weit verzweigte, intransparente Firmennetzwerke auf, um Kunden um deren Vermögen zu bringen. Gerade um das Thema Korruption und Misswirtschaft anzuprangern, sind solche Veröffentlichungen über sogenannte „Steueroasen-Leaks“ besonders wichtig. Nur so kann die Welt erfahren, welchem Politiker oder Unternehmer man vertrauen kann und wem nicht.