Ja, diese hochtrabende juristische Formulierung der „nachamtlichen Treuepflicht“ könnte für unseren Ex-Bundeskanzlers und „Duz-Freund Putins“ noch einen sehr faden Nachgeschmack haben, nämlich dann, wenn sich jemand daran macht, die Verbindungen zwischen der russischen Energiewirtschaft und der Person Gerhard Schröders zu hinterfragen. Denn Schröder hat als deutscher Geheimnisträger aus dem Staatsdienst kommend eine Verpflichtung zur Treue gegenüber seinem ehemaligen Amt und auch dem deutschen Staat als Arbeitgeber gegenüber. Jetzt stellt sich plötzlich die Frage, nachdem der Oppositionspolitiker Nawalny Gerhard Schröder einen „Laufburschen Putins“ genannt hat, ob man Schröder dessen enge Verbundenheit mit dem russischen Präsidenten und dem Energiekonzern Rosneft und GAZPROM zum Vorwurf machen kann – was möglicherweise sogar strafrechtliche Konsequenzen hätte.
Wie der CSU-Innenexperte Michael Kuffer mitteilt, gibt Schröders Verbindung zur russischen Politik und Wirtschaft schon Anlass zur Skepsis, und wirft die Frage auf, ob dessen Verhalten angemessen und satzungskonform ist. Als Altkanzler sei er auf Lebenszeit ein faktischer Repräsentant unseres Staates und damit lebenslang Träger von Staatsgeheimnissen. Schröders enge persönliche Beziehung zu „einer fremden Macht wie Russland“ berühre Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland. Insofern stellten sich „nicht nur politische, sondern auch ernsthafte rechtliche Fragen.“ Nun geht es darum, ob die Bundesregierung die Aufgabe hat, diese Treuepflicht von Schröder einzufordern oder ob das bereits geschehen sei. Merkel-Sprecher Steffen Seibert jedenfalls gab darauf keine klare Antwort, sondern hielt sich bedeckt. Norbert Röttgen (CDU-Chef) stellte sich am Mittwoch 7.10.20 in einer klaren Aussage auf die Seite von Nawalny, den die russische Regierung per Giftanschlag ausschalten wollte, und verteidigte dessen Äußerung „Schröder sein ein Laufbursche Putins, der Mörder beschützt“ zur Rolle Schröders in Bezug auf Putin: Schröder stehe als Ex-Bundeskanzler in bezahlten Diensten vom russischen Öl- und Gasgeschäft und beteilige sich zugleich an der Vertuschung der Verantwortung. Diese Tatsache erfülle viele Deutsche mit Scham. Schröder selbst hatte auf die Vorwürfe des versuchten Mordanschlags geäußert, dass es keine „gesicherten Fakten gäbe, die belegen würden, dass Putin hinter dem Anschlag stecke.“ Immer wieder rückt Gerhard Schröder durch seine Freundschaft zum russischen Präsidenten ins Kreuzfeuer der Kritik, so dass erste Stimmen laut werden, die ihn gerne aus der SPD ausgeschlossen sehen würden. Ein ähnliches Prozedere wie beim Politik-Kritiker Thilo Sarrazin, den viele Genossen ebenfalls aus der Partei ausschließen möchten. Gerhard Schröder jedenfalls sonnt sich im Glanz seiner guten freundschaftlichen und diplomatischen Beziehungen zu Russland, wird er doch seit Jahren als Lobbyist von den Energiekonzernen großzügig bezahlt. Damit kollidieren natürlich verschiedene Aspekte von „Vaterlandstreue“ und „ökonomischen Ambitionen“, die den Altkanzler in Erklärungsnöte und Gewissenskonflikte bringen dürften. Immer wieder fasst Schröder das „heiße Eisen“ Nordstream2 an, bei dem es um den umstrittenen Bau der Gaspipeline von Russland über Polen bis nach Deutschland geht, und verbrennt sich dabei regelmäßig die Finger, da ihm die Genossen als auch die Pipeline-Gegner reinen Opportunismus und sogar Verrat vorwerfen.
Schröder zeigte sich überrascht von der aufkommenden Häme und den harten Worten Nawalnys, der ihm außerdem „verdeckte Zahlungen“ aus Moskau kommend, vorwarf. Dieses bestreitet Schröder und kündigte juristische Schritte wegen Verleumdung an. Nawalny jedenfalls glaubt Beweise zu haben für seine Behauptung, zumal er viele Jahre als investigativer Journalist an solchen Themen arbeitet. Gespannt darf man auf eine Reaktion der Kanzlerin sein, die sich mit den Vorwürfen gegen Schröder alsbald auseinandersetzen müsste. Denn es kommt noch Schlimmer: Nawalny urteilt knallhart in einem BILD-Zeitungsinterview aus dieser Woche, dass Schröder zu den sogenannten Freunden Russlands gehört, die das Land ausbeuten und nur ihren finanziellen Vorteil sehen. „Unserem Land geht es schlecht, auch die medizinische Versorgung ist schlecht. Wegen Putin und seiner Freunde, Menschen wie Gerhard Schröder. Sie veruntreuen russisches Geld und halten die Russen arm.“ Wie kann es sein, dass ein deutscher Staatsmann überhaupt in solche Vorwürfe verwickelt wird und einen düsteren Schatten über die diplomatischen Verbindungen beider Länder wirft? Da sind offenbar dringend Reformen notwendig, die abklären, in wie weit sich ehemalige Politgrößen gegen Geld von anderen Staaten oder Ideologien einnehmen lassen dürfen.
Das geht überhaupt nicht, dass Schröder zu russischen Themen oeffentlich Stellung bezieht.