Dem CSU-Politiker und Bundestagsabgeordneten Georg Nüßlein wird vorgeworfen, einen Maskenhersteller an die Bundesregierung und an die Landesregierung in Bayern vermittelt zu haben, wobei er eine Provision von rund 600.000 Euro bekommen haben soll. Letztes Jahr soll er dieses Honorar einkassiert haben, ohne es bei der Umsatzsteuer zu melden. Aufgrund der Ermittlungen will Nüßlein laut seinem Anwalt seine Position als Vize-Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion erst einmal ruhen lassen.
Bundestagsabgeordnete leiten der Regierung oft unmittelbar erforderliche Angebote weiter, wie der Sprecher des Gesundheitsministeriums Hanno Kautz bestätigt: „Gerade in der Anfangsphase der Pandemie haben auch zahlreiche Abgeordnete (…) dem Bundesministerium für Gesundheit konkrete Hinweise auf Angebote zum Kauf von persönlicher Schutzausrüstung (…) gegeben bzw. weitergeleitet.“ Das Problem im Fall Nüßlein ist bloß, dass die Provision für die Lieferung der Schutzmasken an die Firma Tectum Holding ging, von welcher, laut eigenen Angaben auf seiner Website, Nüßlein Geschäftsführer ist. Die 600.000 Euro wurden nicht direkt von dem Maskenhersteller überwiesen, „sondern über einen Zwischenhändler“, so die Tagesschau. Die Firma hat dafür aber weder eine Umsatzsteuervoranmeldung aufgeben noch die 19 Prozent Umsatzsteuer gezahlt. Nun wird Nüßlein Korruption und Bestechlichkeit vorgeworfen.
Seine Immunität wurde bereits im Bundestag vom Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung einstimmig aufgehoben. Die Münchner Generalstaatsanwaltschaft ermittelt wegen „Anfangsverdacht der Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern gegen zwei Beschuldigte im Zusammenhang mit dem Ankauf von Corona-Atemschutzmasken“. Die Identität der weiteren beschuldigten Person ist noch unklar. Laut der Generalstaatsanwaltschaft wird allerdings in beiden Fällen auf eine Unschuldsvermutung verwiesen. Am Donnerstag den 25. Februar wurden bereits Nüßleins Abgeordnetenbüro, seine Wohnung in Berlin und sein Büro in seinem Wahlkreis Günzburg von Ermittler*innen durchsucht. Insgesamt sollen 13 Objekte abgesucht werden, in Deutschland und in Liechtenstein. Bisher wurden einige Dokumente sichergestellt, die aber noch ausgiebig untersucht werden müssen, so Klaus Ruhland, der Leitende Oberstaatsanwalt. Allein im Freistaat Bayern waren 30 Beamt*innen des Landeskriminalamtes und der Steuerfahndung an den Durchsuchungen beteiligt. Nüßlein selbst erachtet die Vorwürfe gegen ihn als „haltlos“, wie er dem ARD-Hauptstadtstudio erklärt. Viel mehr hat sich der 51-Jährige zu dem Sachverhalt noch nicht geäußert. Er ließ durch seine Anwälte mitteilen, dass er die Anschuldigungen für nicht begründet hält und, dass er noch nicht weiß wann er sich „im Rahmen dieser offenbar komplexen Ermittlungen zu Einzelheiten äußern kann“, so sein Anwalt. Auch seine Partei bestärkt Nüßleins Unschuld: „Es handelt sich um ein laufendes Ermittlungsverfahren, hier werden schwere Vorwürfe erhoben, die lückenlos aufgeklärt werden müssen“, erklärt der CSU-Generalsekretär Markus Blume der Augsburger Allgemeinen.
Gesundheitsminister Jens Spahn bestätigt, dass die Vorwürfe bei der Prüfung des Angebots des Maskenherstellers nicht aufgefallen wären. Er erklärt, dass auch viele andere Abgeordnete Angebote im Bezug zur Pandemie weitergeleitet haben und, dass ein Prüfungsverfahren für die diversen Vorschläge eingerichtet wurde, welchem sich auch das Angebot von Georg Nüßlein unterziehen musste. Die SPD fordert dringend Aufklärung in dem Fall: „Wenn sich allerdings die Vorwürfe erhärten sollten, dass Provisionen in sechsstelliger Höhe im Zusammenhang mit dem Ankauf und der Vermittlung von Atemschutzmasken nicht versteuert wurden, wäre dies alles andere als ein Kavaliersdelikt“, so SPD-Fraktionsvorsitzender Dirk Wiese zur Nachrichtenagentur Reuters. Seine Partei fordere bereits seit einiger Zeit, dass es mehr „Transparenzregeln im parlamentarischen Bereich“ geben solle. Dazu gehört eine „Anzeigepflicht für Aktienoptionen, schärfere Anzeigepflichten für Unternehmensbeteiligungen und Nebeneinkünfte, aber auch ein verpflichtendes Lobbyregister“, so Wiese.
Am Freitag, ein Tag nach den Durchsuchungen der Wohnungen und Büros wurde klar, dass Nüßlein sein Amt als stellvertretender Vorsitzender der CSU/CDU-Fraktion vorerst ruhen lassen möchte. Georg Nüßlein wurde in Krumbach, in Bayern geboren und sitzt seit dem Jahr 2002 im Bundestag und ist seit 2014 der Vize-Vorsitzende der Unionsfraktion. Er ist im Gesundheitsausschuss, sowie in den Ausschüssen für Umwelt, Energie und Wirtschaft. Seine Firma Tectum Holding besteht seit 2012 und sitzt in seinem Wohnhaus in Münsterhausen.