Keine Plastikgabeln, -strohhalme oder Teller mehr – ab dem kommenden Jahr sollen keine Einwegplastik-Produkte mehr verkauft werden. Deutschland setzt damit die Vorgaben der Europäischen Union um und lässt Einwegplastik verbieten.
Plastikmüll – Innerhalb der letzten 70 Jahre ist die Plastikproduktion um das 200-fache angestiegen. Doch wer hätte gedacht, dass das zunächst so vielversprechend wirkende Material solch verheerende Folgen für den Planeten haben würde? Seit Jahrzehnten warnen Experten davor, dass mit dem Massenverbrauch von Plastik und Verpackungen die Umwelt und damit auch die Menschen selbst zu Schaden kommen. Allerdings sind viele Plastikprodukte aus dem Alltag gar nicht mehr wegzudenken. Plastikteller und -becher für den Grillnachmittag oder Plastikstrohhalme für den Geburtstag – die Wegwerfprodukte ersparen eine Menge Zeit und Aufwand. Doch ab 1. Juli 2021 dürfen Einwegplastikprodukte wie diese nicht mehr verkauft werden. Die entsprechende Verordnung wurde am vergangenen Donnerstag vom Bundestag beschlossen und verwirklicht damit den Beschluss der Europäischen Union im nationalen Recht. Dies betrifft vor allem Besteck, Teller, Trinkhalme, Rührstäbchen, Wattestäbchen und Luftballonstäbe aus Kunststoff, sowie Becher und Behälter für Essen aus Styropor. Der Verkauf von bereits vorhandenen Lagerbeständen ist jedoch auch nach dem 1. Juli 2021 noch erlaubt. Neu produziert werden darf aber nicht mehr.
Laut EU-Kommission zählen die im neuen Gesetz verbotenen Produkte zu den am häufigsten an europäischen Stränden gefundenen Plastikgegenständen. Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) hat ausgerechnet, dass mehr als 40 Prozent der Abfälle in öffentlichen Mülleimern, auf Straßen oder in Grünanlagen Produkte aus Einwegkunststoff oder Verpackungen sind. Die negativen Folgen des Plastikverbrauchs treten inzwischen in großem Ausmaß zu Tage. Laut des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) schwimmen pro Quadratkilometer rund 18.000 Plastikpartikel unterschiedlichster Größen im Meer. Der größte Teil der Kunststoffabfälle sinkt auf den Meeresboden, sodass nur die Spitze des Eisberges sichtbar ist. Und diese Spitze hat sich in Form eines Müllteppichs im Nordpazifik angesammelt und inzwischen die Größe Mitteleuropas erreicht.
Es gibt mittlerweile einige Betriebe, die von Kunststoff und Einweg auf andere Verpackungsmaterialien umgestiegen sind. Im Handel und in der Gastronomie werden zunehmend Trinkhalme aus Glas, Metall oder Papier angeboten. Auch wiederverwendbare Kaffeebecher werden angeboten. Zwei junge Gründerinnen aus Hamburg haben sich den neuen Bestimmungen bereits angepasst und eine Plastikalternative gefunden – essbare Eislöffel. Das Startup „Spoontainable“ hat einen Eislöffel produziert, der nicht nur praktisch, sondern auch nachhaltig ist. In einem Eiscafé in Hamburg-Ottensen sind bereits Tausende der essbaren Löffel rausgegeben worden. Die Inhaberin Katrin Kerkhoff möchte das Umweltbewusstsein der Kunden schärfen. „Für mein Business ist dieses Produkt eine Super-Sache. Ich werde sehr dafür sorgen, dass sich das weiter durchsetzt“, so Kerkhoff.
Kritiker äußerten die Bedenken, dass das Gesetz Raum für Schlupflöcher ließe. Es werde zwar die Produktion von Einweg-Plastikprodukten verboten, allerdings können diese von anderen umweltunfreundlichen Materialien ersetzt werden. Beispielsweise ist die Produktion von Papiertrinkhalmen wasserintensiv und Becher aus Bambus können Schadstoffe abgeben. Das Regelwerk für ein Einwegplastik-Verbot reicht den Grünen und Umweltorganisationen deshalb noch nicht aus. „Der Weg aus der Plastikkrise führt nur über eine echte Verpackungswende“, erklärte die Greenpeace-Sprecherin Viola Wohlgemuth. Die Aussage ist eindeutig: „Weg von Einweg, hin zu Mehrweg.“ Die Umweltorganisation Greenpeace fordert deshalb einen verbindlichen Plan von Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD), wie die Mehrwegquoten tatsächlich erreicht werden können. Die umweltpolitische Sprecherin der Grünen, Bettina Hoffmann, erklärt gegenüber dem Tagesspiegel: „Wichtig ist, dass wir insgesamt viel weniger Müll produzieren, egal ob dieser aus Plastik, Papier oder Aluminium besteht.“ In ihrer Rede im Bundestag fordert Hoffmann eine „Revolution der gesamten Güterproduktion“.
Vergangenen Donnerstag stand aber nicht nur das Einwegplastik-Verbot auf der Agenda, sondern auch eine Novelle zum Kreislaufwirtschaftsgesetz, dem zentralen Bundesgesetz für Abfallrecht. Mit der neuen „Obhutspflicht“, die die Vernichtung von Retouren verhindern soll, gehen die Bestimmungen über die Vorgaben der EU hinaus. Händler sollen dafür sorgen, dass ihre Waren wiedergebraucht werden können. Amazon beispielsweise entsorge regelmäßig aus Kostengründen neuwertige Ware, die zurückgeschickt wurde, anstatt sie wiederzuverwerten oder zu spenden. Aus einer Studie der Universität Bamberg ging hervor, dass rund 4 Prozent der Retouren in Deutschland jährlich entsorgt und vernichtet werden – 2018 waren es 20 Millionen Artikel. Offizielle Angaben der Händler gab es bislang nicht, aber das soll sich zukünftig auch ändern.