Noch im Mai konnte man den Kudamm und Tauentzien auf und ab die wundervoll blühenden Beete in der City West bestaunen, die von bis zu zehn städtischen Gärtnerei-Angestellten aufwendig mit bunten Stiefmütterchen bepflanzt wurden. Eine herrliche Blüten- und Pflanzenpracht, die gehegt und gepflegt wurde, wo regelmäßig bewässert und gedüngt wurde. Die vielen Spaziergänger und Passanten blieben manches Mal verzückt stehen und zückten die Handys um Fotos zu machen. Tausende blühender Stiefmütterchen, wunderbar geometrisch angeordnet und in akribischer Handarbeit einzeln eingepflanzt. Daran konnte man erkennen: Berlin hält etwas auf sich, Berlin putzt sich heraus und zeigt den blühenden Charm einer Metropole. Mit Recht, nachdem Corona für Tristesse und Eintönigkeit gesorgt hatte.
Doch was muss man in diesen Tagen zu Beginn des Monats Juni plötzlich sehen? Die schönen Blumenbeete inmitten der 2-spurigen Fahrbahn am Tauentzien vis-a-vis vom KaDeWe sind plötzlich kahl, die Blumen herausgerissen und die weiten Flächen sandig und verwaist. Hier und dort liegen herausgerupfte Pflanzenreste aufgetürmt, zum Abtransport bereitgestellt. Zehntausende Euros einfach aus dem Boden gerissen und das bunte malerische Blumenbild zerstört. Warum, fragt sich der geschockte Berliner? Alles blühte, wuchs und strahlte – warum reißt man das alles einfach wieder heraus? Eine Frage an die dort arbeitenden Gärtnereiarbeiter beantworten diese mit einem Schulterzucken und der Antwort: „Das verstehen wir auch nicht. Berlin hat einfach zu viel Geld. Die wollen neue Pflanzen dort sehen. Wir tuen nur, was man uns sagt. Rausreißen wäre bestimmt nicht nötig gewesen, schließlich standen alle Beete in voller Blüte.“
Berlin und das Thema Geld. Ein Kapitel für sich, wenn man dran denkt, dass das Land Berlin maximal verschuldet ist und sicherlich kein Geld zum Verschwenden hat. Im „Schwarzbuch“ des Bundes Berliner Steuerzahler wurde nicht zum ersten Mal die Verschwendungssucht kritisiert. So heißt es in einer der letzten Veröffentlichungen: Der Bund der Steuerzahler listet in seinem neuen sogenannten „Schwarzbuch“ für das Jahr 2019/20 wieder mehrere Beispiele auf, bei denen aus seiner Sicht Steuermittel verschwendet worden sind. Auch in Berlin und Brandenburg will die Lobbygruppe wieder fündig geworden sein. Es geht um Finanzausgaben, die man sich buchstäblich hätte „sparen“ können, und die durch nichts und niemanden zu rechtfertigen seien. Wenn man sieht, dass etwa 10 Arbeiter tagelang damit beschäftigt sind, die Kudamm-Beete zu bepflanzen, um diese dann 2 Monate später zu verwüsten, dann fehlen dem staunenden Betrachter und Steuerzahler die Worte. Wie es heißt, hat der Berliner Senat taube Ohren, wenn es um die Verschwendung von Steuergeldern geht.
Allerdings muss man im Fall der Kudamm-Bepflanzung dazu sagen, dass die anliegenden Geschäfte auch für die Bepflanzung und Ausstattung aufkommen müssen, so dass auch dort die „Schuldigen“ zu suchen sind. Verstehen kann man diese Aktion jedenfalls nicht, sieht das Ganze doch eher nach einer Art Beschäftigungstherapie für Mitarbeiter der Stadt aus. Auch externe Firmen sind für die Verschönerung der Berliner City zuständig, aber denen kann man keinen Vorwurf machen, wenn diese solch lukrativen Aufträge ungefragt annehmen.
In einer aktuellen Erhebung aus März 2020 vom Institut „statista“ steht Berlin mittlerweile nicht mehr auf dem 1. Platz der Verschuldung aller Bundesländer, sondern ist auf Platz 3 zurückgegangen. Die schlimmsten Zeiten hat das Land Berlin hinter sich, aber solche „Schildbürgerstreiche“ wie den am Kudamm/Tauentzien braucht kein Mensch.