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Das Töten von Eintags-Küken soll beendet werden

Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner fordert ein Verbot des Tötens von männlichen Eintagsküken. Das Ei wird nur 0,02 Euro teurer, für die Eierproduktion wäre es ein enormer Fortschritt – nicht nur in Deutschland, sondern weltweit.

Mit dem massenweisen Töten männlicher Eintagsküken in der Eierindustrie soll Ende 2022 Schluss sein. Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) fordert in einem Gesetzentwurf, dass 45 Millionen männliche Küken in der Legehennenindustrie nicht mehr nach der Geburt systematisch getötet werden sollen. Diese Praxis wird weltweit angewandt, da männliche Küken für die Eierproduktion nicht brauchbar sind, denn diese Küken legen keine Eier und setzen in der Mast nicht so viel Fleisch an.

Das Bundesagrarministerium erklärt, dass in Zukunft alternative Verfahren zur Marktreife gekommen seien, mit denen das Geschlecht im Ei bestimmt werden kann. Somit müssen die männlichen Küken gar nicht schlüpfen, um im Anschluss geschreddert oder per Gas (Kohlenstoffdioxid) getötet zu werden.

„Das Töten von Eintagsküken ist ethisch nicht vertretbar. Es kann nicht sein, dass ein Tier wegen seines Geschlechts getötet wird“, sagte Klöckner. Doch neben dem ethischen Aspekt gibt es auch einen wirtschaftlichen Aspekt: Die neue Technologie würde zu einem Preisanstieg von 0,02 Euro führen, verglichen mit dem, was die Verbraucher im Einzelhandel für ein Ei bezahlen. „Das ist es wert“, kommentierte Klöckner.

Tierschützer warfen Klöckner jedoch vor, das Verbot – wie 2018 von der Großen Koalition von Bundeskanzlerin Angela Merkel vereinbart – verzögert zu haben. Die von Klöckner vorgeschlagene Änderung würde jetzt endlich eine Lücke im deutschen Tierschutzgesetz zum Verbot von „Schmerzen, Leiden und Schäden“ aus „vernünftiger Ursache“ schließen, da nun „gangbare“ Alternativen zur Verfügung stehen.

Der Gesetzesentwurf sieht eine zweite Frist für das Jahr 2024 für die Identifizierung männlicher Tiere ab dem siebten Tag der Inkubation vor. Das ist der Moment, wenn die Hühnerembryonen beginnen, Schmerzen zu empfinden. Im vergangenen Jahr entschied das Bundesverwaltungsgericht, dass das Töten der Küken schrittweise eingestellt werden muss. Doch keine der vom Klöckner-Ministerium empfohlenen Alternativen ist von den Züchtern bisher übernommen worden: Klöckner betont, die deutschen Brütereien hätten „genug Zeit gehabt“, schnell zu alternativen Methoden überzugehen.

Friedrich-Otto Ripke, Präsident des Zentralverbandes der Deutschen Geflügelwirtschaft, sagte, die von Klöckner vorgeschlagene Änderung werde „nicht ganz unproblematisch“ bleiben: Innerhalb des EU-Binnenmarktes könnten ausländische Landwirte, zum Beispiel polnische oder niederländische Brütereien, weiterhin männliche Küken an ihrem ersten Lebenstag töten. „Nur das EU-Recht kann dieses Dilemma lösen“, sagte Ripke. Er verdeutlicht, dass die gesamte Branche Willens ist einen schnellen Ausstieg aus der jetzigen Praxis des Kükentötens zu bewerkstelligen. „Das Gesetz darf aber nicht den Eindruck erwecken, dass eine kurzfristige Lösung bis Ende 2021 völlig unproblematisch möglich sei“, sagte Präsident Friedrich-Otto Ripke.

Auch der Bauernpräsident Joachim Rukwied sieht es ähnlich und sagt, er „sehne den Tag herbei, an dem dieses Thema endlich Geschichte ist. Praxistaugliche Verfahren zur Geschlechtsbestimmung sollten schnellstmöglich flächendeckend zum Einsatz kommen.“ Deshalb muss verhindert werden, dass die Eier dann nicht einfach aus dem Ausland eingekauft werden. Die Wahl liegt daher bei den Verbrauchern, die im Supermarkt entscheiden, ob sie sich für die „Bruderküken“-Eier entscheiden oder auf die billigeren Eier aus dem Ausland zurückgreifen.

Deutschland ist weltweiter Pionier beim Ausstieg aus dem Kükentöten. Frankreich scheint auch eine Änderung dieser unwürdigen Praxis in Erwägung zu ziehen. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) fördert seit 2008 mit über acht Millionen Euro verschiedene Verfahren und Initiativen, mit denen das Töten männlicher Küken überflüssig werden soll.

Welche Alternativen stehen den Unternehmen bereits zur Verfügung, um das Geschlecht eines Eis zu bestimmen?

Bisher sind einige Betriebe dazu übergegangen, die männlichen Küken neben den weiblichen Eierlegerinnen als Bruderhähne mit aufzuziehen und nicht einfach aus Kostengründen zu schreddern.

Technische Methoden zur Geschlechtsbestimmung sind jetzt auch möglich. Das Bundesagrarministerin umreißt hier zwei marktreife Methoden: Entweder wird ein Gentest durchgeführt, bei dem anhand eines winzigen Tropfens Eiflüssigkeit das Geschlecht des Eis bestimmt wird – alles passiert hier vor dem Schlüpfen; anhand der anderen Methode wird ein spektroskopischen Lichtstrahl in das Ei gestrahlt, um die Männchen zu identifizieren.

Das ist eine deutliche Verbesserung des Tierschutzes. Bei diesen Verfahren wird die Geschlechtsbestimmung im Ei in einem Zeitraum vom 9. bis 14. Bebrütungstag vorgenommen. Die Brutdauer eines Eis beträgt insgesamt 21 Tage. Die Verfahren dienen jedoch lediglich als Brückentechnologie. Anhand weiterer Forschung soll der Zeitpunkt der Geschlechtsbestimmung im Ei noch früher vorgenommen werden können. So soll in einem zweiten Schritt ein weiteres das Gesetz auf den Weg gebracht werden. Es ist vorgesehen, dass nach dem 31. Dezember 2023 ein Verbot erlassen wird, Hühnerembryonen im Ei nach dem 6. Bruttag zu töten.

Klöckner erklärt: „Wir wollen hier in Deutschland Tierschutz und Wirtschaftlichkeit zusammenbringen, klare Perspektiven schaffen. Dabei steht auch der Handel in der Pflicht. Mit der Umstellung seines Sortiments kann er ein klares Bekenntnis gegen das Kükentöten abgeben – er hat es in der Hand, ob er Eier aus heimischen Brütereien anbietet, in denen das Kükentöten nicht mehr erlaubt ist oder solche aus Ländern, in denen das weiterhin der Fall ist.“

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