Mitte Oktober wurde der Geschichtslehrer Samuel Paty in einem Pariser Vorort brutal ermordet. Er lehrte an der Conflans-Sainte-Honorine und zeigte seinen Schüler*innen Mohammed-Karikaturen, welche den Täter zu seiner Tat motivierten. Was bis jetzt zur Tat bekannt ist und warum auch in Deutschland immer mehr Lehrer*innen von ihren Schüler*innen und deren Eltern eingeschüchtert werden, lässt sich von einer schwierigen sozialen Situation vieler Menschen ableiten.
Samuel Paty wurde von einem 18-Jährigen mit „russisch-tschetschenischen Wurzeln ermordet“, wie der Tagesspiegel bekannt gab. Er enthauptete den 47 Jahre alten Geschichtslehrer auf offener Straße. Kurz nach seiner Tat veröffentlichte er noch einen Beitrag auf Twitter mit einem Foto des Lehrers und einer Racheerklärung an diesen, da er „es gewagt hat, Mohammed zu erniedrigen“. Daraufhin wurde er von der Polizei gefunden und erschossen. Sein Twitter Account wurde gesperrt, auf welchem er auch Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron angriff und ihn als „Anführer der Ungläubigen“ bezeichnete. Die Regierung plant nun „eine nationale Gedenkfeier im Innenhof der Sorbonne-Universität in Paris“, an der auch Patys Familie und Macron teilnehmen werden, wie der Spiegel berichtet. Macron will die Angehörigen persönlich in Empfang nehmen und bezeichnete die Ermordung bereits als einen „islamistischen Terrorakt“. Der Geschichtslehrer hatte seinen Schülerinnen und Schülern einige Karikaturen des Propheten Mohammed gezeigt, um dann mit ihnen über Meinungs- und Glaubensfreiheit zu diskutieren, was ihm schließlich zum Verhängnis wurde. Samuel Paty überließ seinen muslimischen Schüler*innen die Entscheidung, ob sie die Karikaturen angucken wollen oder nicht, da die Abbildung Mohammeds in der islamischen Welt oft mit einer Gotteslästerung einhergeht. Nach dieser Unterrichtsstunde hetzte ein Vater einer Schülerin Patys online gegen den Geschichtslehrer und veröffentlichte auch die Adresse der Schule. Die Schule und Lehrer*innen wurden daraufhin bedroht. Frankreichs Innenminister Gérald Darmanin erklärte, dass der Lehrer ein Opfer einer sogenannten Fatwa geworden ist, „einem religiösen Rechtsgutachten“, welches der Vater der Schülerin und ein französischer, im Land bekannter militanter Islamist, ausgesprochen haben, so der Tagesspiegel.
Der 18-jährige Täter und der Vater, der online zur Rache aufgerufen hat, stehen in keiner Verbindung zueinander, so die Staatsanwaltschaft. Die beiden befinden sich derzeit in Polizeigewahrsam und sollen, so der Regierungssprecher Gabriel Attal, ebenfalls zur Verantwortung gezogen werden. Im Zusammenhang mit der Ermordung wurden mittlerweile 11 Personen festgenommen, unter anderem Familienmitglieder des Täters und auch ein Schüler, der gegen eine Zahlung von mehreren Hundert Euro Informationen über den Lehrer an den Täter weitergegeben habe. Der brutale Mord fungiert als Weckruf an Frankreichs Regierung und Behörden. Macron kündigte an, heftiger gegen radikal-islamistische Propaganda im Internet vorzugehen und, dass die Sicherheit an Frankreichs Schulen verbessert werden solle. Außerdem sollen 231 mutmaßliche Extremisten des Landes verwiesen werden.
Auch in Deutschland reagierten Lehrer*innen und Schüler*innen geschockt auf den Fall und warnten vor einem „Klima der Einschüchterung“ an den Schulen, so der Verbandschef des Deutschen Lehrerverbands Heinz-Peter Meidinger. Er erklärte: „Der Druck ist vor allem in Brennpunktschulen mit einem hohen Anteil von Schülern mit einem entsprechenden Migrationshintergrund sehr hoch“. So würden die Lehrer*innen dazu aufgefordert werden einige Themen nicht zu behandeln, wie beispielsweise den Nahostkonflikt. Weiter erklärte Meidinger, dass Lehrer*innen „lieber die Finger“ von politisch sensiblen Themen lassen und sich oft nicht mal mehr trauen „einen Film wie ‚Schindlers Liste‘ zu zeigen“. Oft sind die Eltern die treibenden Kräfte, die Druck auf die Lehrkräfte ausüben. Der Verbandschef fordert, dass die „Werteerziehung und Demokratieunterricht […] nicht zur Mutprobe für Lehrkräfte werden“ dürfe. Leider war, wie so oft, ein brutaler Mord erforderlich, um in Frankreich und Deutschland eine Debatte über die Sensibilität politischer Themen an Schulen auszulösen. Es ist wichtig Lehrer*innen dahingehend zu unterstützen und ihnen die nötige Sicherheit zu geben auch politisch umstrittene Themen zu behandeln, denn gerade so werden die Schüler*innen zu freidenkenden und freisprechenden Menschen erzogen. Ein derartiger Fall wie im Pariser Vorort soll einschüchtern und Angst machen, aber gerade dann müssen die Lehrkräfte zusammenhalten und die Regierung sollte ihnen umgehend den Rücken stärken.