Wegen illegaler Parties und dem Nicht-Einhalten von Corona-Regeln am „Ballermann“ hat Mallorca die Zwangsschließung der beliebten Feierlokale angeordnet. Auch die von Deutschen gern frequentierten Lokale in der „Bier-“ und „Schinkenstraße“ fallen unter die Anordnung der Regionalregierung.
Diese Verfügung soll jetzt für die nächsten zwei Monate gelten, teilte der balearische Tourismusminister Iago Negueruela in Palma mit. Zudem wurde auch die Schließung der Lokale in der Puerto Ballena in der Briten-Hochburg Magaluf angeordnet. Dabei bezogen sich die Politiker bei ihrer Entscheidung auf Fotos und Videos, welche die britischen und deutschen Touristen beim Feiern, Tanzen und Trinken gezeigt haben. Dabei trugen die Touristen weder Schutzmasken, noch hielten sie den Sicherheitsabstand ein. Das ändert sich jetzt: in Bars, Restaurants, am Meeresufer und in Hotels gilt jetzt Maskenpflicht – ausgenommen davon ist der Strand.
Doch die Anwohner sind frustriert. Denn es waren nur einige wenige Gastronomen, die
die Coronaregeln missachteten und damit die Eindämmung der Pandemie riskierten. In Spanien gab es wie in Frankreich und Italien während der Hochphase der Pandemie eine Ausgangssperre, zudem leiden die Mallorquiner besonders unter den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie. Viele Hotels sind auch nach dem Lockdown noch geschlossen.
Der balearische Tourismusminister Iago Negueruela schimpfte nach dem Bekanntwerden der Fotos von Sauftouristen ohne Masken: „Wir wollen diese asozialen Touristen hier nicht haben. Sie sollen nicht kommen“, rief der sozialistische Politiker. Das Verhalten einiger weniger Urlauber und Lokalbesitzer dürfe nicht die riesigen Anstrengungen der Menschen auf den Balearen im Kampf gegen die Pandemie aufs Spiel setzen, sagte Negueruela. Zudem warnte er vor einer Verlängerung oder Erweiterung der Maßnahmen auf die gesamte Insel. „Die Gesundheit geht vor. Und ohne Gesundheit gibt es auch keine Wirtschaft.“ Fakt ist: mit dem Einbruch des Tourismus stehen auf den Balearen über 200 000 Arbeitsplätze auf dem Spiel.
Doch was ist passiert? Die Feierstimmung auf der Bierstraße sei außer Kontrolle geraten. Die ansässigen Barbetreiber betonen dabei jedoch, dass die Situation nur „zwei oder drei Stunden“ außer Kontrolle geraten ist. Doch die feiernden Gäste wurden von etlichen Kamerateams gefilmt und die Feierbilder von grölenden Urlaubergruppen haben für eine außerordentlich große Medienresonanz gesorgt. Die Inselzeitung „Última Hora“ titelte, dass die Touristen für „Chaos“ gesorgt hätten.
Dasselbe Geschehen war auch in Magaluf zu beobachten, wo spanische Medienvertreter Videoaufnahmen vom Partygeschehen gemacht haben. Gekrönt wurde der mediale Aufschrei von Archivaufnahmen der TV-Redaktionen, welche alte Aufnahmen von Sauftouristen nutzten, um die aktuelle Situation zu bebildern.
Somit war es nicht in erster Linie die mallorquinische Polizei und deren Ermittlungen, die dem Feiern Einhalt geboten hat, sondern die Medien selbst, welche mithilfe ihrer Aufnahmen die Politik zum Handeln animierte. Doch wer hat Schuld an der Schließung der Lokale? In sozialen Medien zirkulieren aufgeregte Kommentare über die „Lügenpresse“, welche die Situation am Ballermann aufbauscht. Doch im Grunde bleibt es einzig und allein die Verantwortung der Feiernden selbst. Denn die „Bild“-Zeitung hat berichtet, dass auch nach der angeordneten Schließung immer noch in etwas abgelegeneren Lokalen die Feierei weiter ging. Doch es darf nicht sein, dass die Partypeople mit der falschen Prämisse auf die Insel fliegen, dass Corona nur eine Grippe ist und ihre wilden Parties wichtiger ist als die Eindämmung des gefährlichen Virus.
Nicht nur auf Mallorca und in Spanien, sondern auch in Deutschland war die Empörung der Politiker beträchtlich. So sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zum wilden Treiben auf Mallorca: „Wir müssen sehr aufpassen, dass der Ballermann nicht ein zweites Ischgl wird.“
Kritisiert wurden vor allem auch die Barbetreiber, welche nicht dafür sorgten, dass die Coronaregeln eingehalten wurden. Verwaltungsministerin Isabel Castro stellte einen Bußgeldkatalog vor, welcher bis zu 600 000 Euro Strafgebühr bei Verstößen gegen die Corona-Regeln vorsieht. Damit können auch Organisatoren von Feiern in privaten Wohnungen belangt werden. Auch die stellvertretende Präsidentin des Hotelierverbandes von Mallorca (FEHM), María José Aguiló, verurteilte die illegalen Partys „aufs Schärfste“. „Dieses asoziale und unverantwortliche Verhalten gefährdet die Gesundheit aller Menschen.“
Als das Verbot der auf „Malle“ traditionsreichen langen Strohhalme fürs gemeinsame Trinken verkündet wurde, waren rund 500 Betreiber von Nachtlokalen und Diskos in Palma im Protest auf die Straße gegangen. Diese Betriebe haben ein Fassungsvermögen von jeweils mehr als 300 Gästen, auf allen vier Inseln dürfen sie wegen Corona noch nicht öffnen. Betroffen sind auch die Kultlokale „Megapark“ und „Bierkönig“. Die Demonstranten trugen Plakate mit Aufschriften wie „Ohne Tourismus sterben wir“ und forderten die Wiedereröffnung ihrer Betriebe. Zudem haben die 40 000 Bewohner des S’Arenal, wo der Ballermann liegt, große Angst vor dem Coronavirus. Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer, brachte die Idee einer Zwangsquarantäne für Mallorca-Touristen ins Spiel. Das wäre wie ein Todesstoß für eine Branche, die auf den Balearen für riesige Umsätze sorgt. Dabei gibt es auf Mallorca offiziellen Angaben zufolge derzeit nur 128 aktive Corona-Fälle unter den rund eine Million Einwohnern. Party soll es ja auch weiterhin auf Mallorca geben, doch gemäßigt: Nach diesem Motto startet die Playa de Palma in die Hochsaison. Mit diesem neuen Konzept darbt der Tourismus auf der Lieblingsinsel der Briten und Deutschen hoffentlich nicht mehr.