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Knapp an der Rezession vorbei – Deutschlands Konjukturprognose

Trotz schwächelnder Weltwirtschaft, Handelsstreit und Brexit fällt die Bilanz im dritten Quartal für Deutschland überraschend positiv aus. Die Wirtschaftsweisen kritisieren dennoch die Haushaltspolitik der Bundesregierung und warnen vor einem Abschwung.

Entgegen aller Erwartungen legte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) zwischen Juli und September um 0,1 Prozent im Vergleich zum vorherigen Quartal zu, teilte das Statistische Bundesamt mit. Somit ist Deutschland knapp einer technischen Rezession entgangen. Diese wäre eingetreten, wäre das BIP erneut gesunken.

Kein Absturz – also Stagnation?

Deutschland befindet sich seit 2009 in einem der längsten wirtschaftlichen Aufschwünge der Nachkriegszeit. Das BIP pro Kopf ist innerhalb von zehn Jahren um 33% gewachsen.

Nun kühlt sich das wirtschaftliche Klima deutlich ab. „Der Aufschwung ist beendet, bislang ist jedoch nicht von einer breiten und tiefgehenden Rezession auszugehen“, schreibt der Sachverständigenrat Wirtschaft („die Wirtschaftsweisen“) in seinem aktuellen Jahresgutachten. Trotzdem kritisieren die fünf Wirtschaftsexperten die Haushaltspolitik der Bundesregierung, die auf neue Schulden verzichtet. Dies könne im Kampf gegen den Abschwung hinderlich sein. Wichtig sei laut des Vorsitzenden Christoph M. Schmidt, den Strukturwandel zu meistern und sich dazu die Chancen dessen zunutze zu machen, um eine Weiterentwicklung in der Wirtschafts- und Industriepolitik zu forcieren.

Nicht einig sind sich die Wirtschaftsweisen hinsichtlich der gesetzlichen Schuldenbremse, die etwas flexibler ist als die schwarze Null der jetzigen Haushaltspolitik. Zwei der fünf Mitglieder möchten die Schuldenbremse reformieren, damit mehr Investitionen möglich werden. Einig sind sie sich dennoch in einem Punkt: „Ein zusätzliches Konjunkturpaket ist derzeit nicht notwendig.“

Das Risiko der Rezession ist nicht gebannt

Die Sorgen vor einem Abschwung sind dennoch groß, gerade weil Deutschland an einer Rezession nur knapp vorbeischrammte. So warnte der ZEW – Ökonom Friedrich Heinemann: „Die heutigen Zahlen sind kein Grund zur Selbstzufriedenheit. Für Deutschlands Wohlergehen ist es unerheblich, ob das Quartalswachstum einen Hauch unter oder über der Nulllinie liegt. Sorgen muss vielmehr bereiten, dass die längerfristige Wachstumsperspektive Deutschlands absinkt.“

Jüngste Prognosen gehen von einem Wirtschaftswachstum von 0,5 Prozent für das Gesamtjahr 2019 aus. 2018 hatte die Wirtschaftsleistung noch um 1,5 Prozent zugelegt. Auch die Stimmung der stabilen Stütze der Verbraucher ist durch die schwächelnde Konjunktur gedämpft. Die Forscher der GfK berichteten in ihrer Konsumklimastudie für November den niedrigsten Wert seit Herbst 2016. Zudem gerät die deutsche Industrie durch die internationalen Handelskonflikte und dem Brexit stärker unter Druck: Investitionen gehen aufgrund der Verunsicherung zurück. Auch die Wirtschaftsweisen warnen in der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung vor einem erhöhten Rezessionsrisiko: „Eine Belebung der Konjunktur ist frühestens im Jahresverlauf 2020 zu erwarten.“

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