Die schwedische Pop-Band ABBA hat mit der Veröffentlichung ihres neuen Albums Platz eins der offiziellen deutschen Charts geknackt. Doch wie werden die Charts ermittelt und sind diese überhaupt noch wichtig für die Musikindustrie?
Mehr als 400 Millionen Tonträger verkauften sie. Es sind ABBA, die unter anderem durch Songs wie „Dancing Queen“, „Mamma Mia“ und „Waterloo“ berühmt wurden. Nun fast 40 Jahren nach ihrer Trennung und Auflösung kehrt die schwedische Band auf die Bühne zurück – und zwar mit ihrem neuen Album „Voyage“, dass am vergangenen Freitag veröffentlicht wurde.
Schon wenige Stunden nach dem offiziellen Release konnte sich die Band über den ersten Rang in den Amazon-Download-Charts freuen. Dort soll es auch heute noch stehen. Sogar die im Vorfeld veröffentlichten Singles, „Don‘t Shut Me Down“ und „I Still Have Faith In You“ konnten sich auf Anhieb Platz drei und fünf der deutschen Single-Charts sichern.
Wie werden die Charts ermittelt?
Hans Schmucker von GfK Entertainment, eine Tochtergesellschaft des Marktforschungsinstituts GfK, die im Auftrag des Bundesverbands Musikindustrie seit 1977 die Charts ermittelt, deutete an, dass es kein Wunder sei, dass auch das neue Album an der Spitze der Charts erwartet wird – „Dafür braucht man keine Glaskugel“. Die Trends haben schon jetzt gezeigt, dass ABBA mit ihrem neuen Album „Voyage“ einen der besten Starts der letzten Jahre hingelegt hatte.
Grundlage der Chartermittlung sind mehrere Säulen. Darunter die physische Säule aus dem stationären Verkauf, E-Commerce, Downloads, Radio und seit einigen Jahren auch Zahlen der Streaminganbieter. Wer auf all den genannten Kanälen innerhalb einer Woche am erfolgreichsten war, landet im Endeffekt auf Platz eins der Charts. Dabei werden Verkäufe und Streams von freitags bis donnerstags berücksichtig. Am Freitag wird dann die Chartliste veröffentlicht.
Streaming-Dienste als Treiber der Charts
Doch im weltweiten Vergleich ist der Ansatz in Deutschland einzigartig. Hierzulande geht es statt nach der Anzahl, wie in anderen Ländern auch, nach dem erzielten Umsatz. So erklärte der Experte Schmucker, dass es „letztendlich eine Kaufentscheidung des Konsumenten“ sei. „Wenn er sich für ein bestimmtes Angebot entscheidet und zum Beispiel bereit ist, 30 Euro für die Deluxe-Version eines Albums zu zahlen, wird es in den Charts abgebildet.“ Dabei wird allerdings eine Preisobergrenze bedacht, die bei 40 Euro pro Album und vier Euro pro Single liegt.
Das Streaming (Abspielen oder Herunterladen) stellt aber den größten Teil der Musikbranche dar. Laut Bundesverband Musikindustrie, machte das Streaming im ersten Halbjahr 2021 70,6 Prozent Anteil an den Erlösen der Branche aus.
Laut den GfK-Forschern ist die Nummer eins der offiziellen deutschen Charts auch weiterhin mit einer wichtigen Bedeutung behaftet. Durch das stetige Wachstum gibt es immer mehr Konkurrenz und die Nummer eins weist daraufhin, das erfolgreichste Produkt geschaffen zu haben. Darüber hinaus bieten die Charts den Fans eine Orientierungshilfe, weil es viele verschiedene, teilweise inoffizielle Listen gibt, die häufig nur einen Teilmarkt abbilden. Durch den offiziellen Stempel sind die Charts verifiziert und verschiedene Medien können diese in Meldungen aufgreifen. So können die Charts im musikjournalistischen Kontext immer wieder zitiert werden.
Radiosender und der Mainstream
Für die Musikauswahl vieler Radiosender spielen die Charts heutzutage aber nur noch untergeordnet eine Rolle. Ähnlich sieht es beim Streaming aus. Die Zahlen werden stetig verfolgt, „aber auch hier ist der Markt zwischen Streamingdiensten und deren Usern und den Radiostationen und deren Hörern mitunter sehr weit auseinander“, so Gregor Friede, Musikchef bei SWR3. So gebe es grundsätzlich viele verschiedene Mosaiksteine, die zwar berücksichtigt werden, aber keinen direkten Einfluss auf die Musikprogrammierung haben.