Die beiden amerikanischen Wissenschaftler Robert Wilson und Milgrom haben erforscht, wie Auktionen unser tägliches Leben beeinflussen und wurden dafür mit dem Nobelpreis für Wirtschaft geehrt Preise fallen oder steigen bei Auktionen – so kann der Zuschauer bei dem Schmucksender Juwelo auf Schmuckstücke bieten, die während der Auktion aber stetig in ihrem Preis fallen. Der Spieltrieb der Zuschauer wird angesprochen und das Konzept funktioniert schon seit über 10 Jahren. Auch Google versteigert seine Werbeanzeigen täglich und macht damit Milliardenumsätze. Der Werbeumsatz von Google ist steigt beständig, so betrug er im Jahr 2018 100 Milliarden US-Dollar. Ein Jahr darauf betrug die Summe aus Werbeeinnahmen für Google schon rund 134,81 Milliarden US-Dollar.
„Auktionen gibt es überall und sie beeinflussen unser tägliches Leben“, begründet die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften ihre Entscheidung. „Jeden Tag werden mit ihnen astronomische Werte zwischen Käufern und Verkäufern bewegt.“ Milgrom wurde 1948 in Detroit geboren, Wilson 1937 in Geneva im US-Staat Nebraska. Die US-Preisträger erreichte die Nachricht von der Auszeichnung wegen der Zeitverschiebung am frühen Morgen. „Das sind sehr erfreuliche Neuigkeiten“, sagte Wilson, als ihn die Stockholmer Akademie telefonisch zuschaltete. Der Nobelpreisträger Milgrom hat aber selbst nach eigener Aussage nur an einer Auktion teilgenommen – über Ebay um sich ein Paar Skischuhe zu leisten.
Die Forschungen von Milgrom und Wilson sind lebensnah und wichtig. Auktionen spielen im täglichen Leben eines jeden Erdenbürgers eine Rolle: so werden CO2-Zertifikate über Auktionen gehandelt oder Strom in sogenannten Strombörsen versteigert. Die Ökonomen, die beide an der Eliteuniversität Stanford lehren, untersuchen die Komplexität von Auktionen und haben dazu Theorien entwickelt. Im Gemenge um Preisermittlungen während einer Aktion bekommt oft derjenige den Zuschlag, der am Ende den höchsten Preis genannt hat. Doch was passiert, wenn sich der Bieter überschätzt hat? Hier wurde der Begriff des „Fluch des Gewinners“ geprägt und spielt auf die Schwierigkeit an, während einer Auktion rational zu handeln. Eine Lehre aus ihrer Theorie ist beispielsweise, dass die Gebote in einer Auktion höher ausfallen, wenn die Unsicherheit vermindert wird, wenn also zum Beispiel bei einer Immobilienauktion ein unabhängiges Wertgutachten zur Verfügung gestellt wird.
Doch was passiert, wenn es gleichzeitig mehrere Bieter und Angebote gibt wie bei der Versteigerung von Mobilfunkfrequenzen? 1994 haben Milgrom und Wilson deshalb die simultane Mehrrundenauktion entwickelt, welche heute noch weltweit angewandt wird. Als Beispiel nutzten sie Vergabe von Telekommunikations-Frequenzen, welche separat pro Bundesland vergeben werden und es mehrere Bieter gibt. Es sollen die beiden Forscher gewesen seien, welche die Behörde Federal Communications Commission (FCC) dazu brachte, eine Auktion für die Vergabe der Frequenzen einzuführen.
Da die Auktion sehr erfolgreich verlief, wird das Modell mittlerweile in vielen Ländern angewandt, auch in Deutschland. So wurde auch die Vergabe der 5G-Frequenzen unter den Mobilfunkanbietern auf diese Weise geregelt. Der Staat hat damit ein gutes Geschäft gemacht: 6,6 Milliarden Euro Erlös konnte er nach der 12 Wochen währenden Auktion für sich verbuchen. Die Deutsche Telekom, Vodafone, Telefónica und Drillisch haben in fast 500 Verhandlungsrunden dafür Gebote abgegeben und waren nach Ende der Auktion bestürzt, soviel Geld auf den Tisch legen zu müssen. Bei den Vergabeauktionen gab es eine Bedingung der Bundesregierung: nur wer den Netzausbau flächendeckend vorantreibt, kann hier gewinnen. „Die Erkenntnisse der beiden Nobelpreisträger sind genutzt worden: Nicht der höchste Erlös, sondern das beste Ergebnis bei der Netzversorgung stand im Mittelpunkt“, so Hickel.
Doch was macht die Auktionen für Frequenzen eigentlich so komplex? Hier spielen die sogenannten Netzeffekte eine Rolle. Es bedeutet, dass der Wert für die Frequenzbänder oder regionalen Lizenzen variiert, je nachdem ob der Bieter auch in anderen Regionen mit einem Zuschlag für Frequenzen zum Zuge kommt.
Das Modell von Wilson und Milgrom hat „Standards für die Versteigerung von Telekommunikations-Frequenzen gesetzt, die weltweit angewandt werden“, sagt Achim Wambach, Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW). In der Wirtschaftsforschung galten sie deswegen schon länger als Kandidaten für den Wirtschaftsnobelpreis. Ihre Methoden entwickelten sich zu einem „Allzweckwerkzeug“ für viele Alltagsrealitäten.
„Von ihren Erkenntnissen haben Verkäufer, Käufer und Steuerzahler weltweit profitiert“, sagte Göran Hansson, ständiger Sekretär des Nobelkomitees. „Die beiden gehen hinaus aus dem Elfenbeinturm und arbeiten gewissermaßen als ökonomische Ingenieure, getrieben von dem Wunsch, auch schwierige Probleme ganz pragmatisch zu lösen“, erklärt Axel Ockenfels, ein renommierter Marktdesign- und Auktionsforscher an der Universität Köln.
Der Wirtschaftsnobelpreis wurde im Gegensatz zu den Nobelpreisen in den anderen Disziplinen nicht von Dynamit-Erfinder Alfred Nobel ins Leben gerufen. Die Schwedische Reichsbank hat den Preis erst im Jahr 1968 zu ihrem 300-jährigen Bestehen eingeführt. Aufgrund der Corona-Pandemie fanden die Nobelpreisverleihungen in Stockholm und Oslo nur in reduziertem Rahmen statt. In Stockholm wird es dieses Jahr eine Übertragung der Verleihung aus dem Rathaus geben. Die Preisträger werden zugeschaltet.
Auch ein Deutscher konnte schon einen Wirtschaftsnobelpreis mit nach Hause nehmen: Der Bonner Wissenschaftler Reinhard Selten wurde 1994 zusammen mit John Nash und John Harsanyi für Forschung zur nichtkooperativen Spieltheorie ausgezeichnet.
Zuvor wurden schon die Nobelpreise für Physik, Chemie, Medizin und Literatur vergeben. Der Nobelpreis für Wirtschaft ist der letzte Preis, den die Schwedische Akademie der Wissenschaften vergibt.